Home Sweet Home

Als ich vor etwas mehr als vier Jahren überlegt habe, einen Blog mit Leben zu erfüllen, hatte ich viele Dinge vor: Ich wollte über meinen Alltag, mein Dasein, meine Erlebnisse schreiben und immer wieder auch zu Dingen Stellung nehmen, die mich beschäftigen. Parallel dazu verfasste ich auch auf der Plattform „LinkedIn“ Posts und erreichte damit auch entsprechend viele Menschen: Das Feedback war durchweg sehr gut und umfangreich.
Irgendwann, allerdings, fing ich an, bei jedem zweiten Wort darüber nachzudenken, ob ich dieses oder jenes schreiben könnte. Ob das, was ich da verfasste, kompatibel war, ich keinem auf die Füße trat und irgendwie wurde es mit jedem weiteren Beitrag schwieriger und schwieriger, die „richtigen“ Worte zu finden. Während ich anfangs noch etwas unbedarft, ja fast schon: naiv, ans virtuelle Pult trat, so war es am Ende oftmals so, dass ich alles verwarf, was ich schrieb. Nicht selten landete erst der vierte, fünfte oder zehnte Text im Netz – oder eben auch gar nicht.
Das war sehr anstrengend.
Mir ging es nicht darum, etwas Besonderes auszulösen. Meine Texte waren in erster Linie für mich und in zweiter Instanz für Interessierte, die verstehen wollten, wie es hinter dem Vorhang aussah. Was ich dabei nicht bedachte war, dass man niemals im luftleeren Raum agiert und es immer Menschen gab, die sich beleidigt, gar getreten fühlen, obschon das nicht meine Intention war. Am Ende ging es um Katharsis. Der Reinigungseffekt überwog zu Beginn die Strapazen der Folgen bei Weitem.
Das änderte sich nach und nach. Mehr noch: Zu allem Überfluss gesellte sich noch eine gewisse Rechtsunsicherheit dazu und die Dinge wurden kompliziert. Ich verlor mich erst in Einzelheiten, dann mich, dann die Lust, etwas zu verfassen. In der Folge schloss ich mit allem ab und fokussierte mich auf LinkedIn, wo meine Beiträge zunehmend politischer wurden. Das erschien mir anfangs eine gute Idee.
Tatsächlich war es jedoch ein Garant dafür, gar nichts mehr zu verfassen, denn LinkedIn ist LinkedIn: Der „Durchlauferhitzer“-Effekt war dort um ein Vielfaches stärker, das Netz hatte einen immensen Userzuwachs erfahren und mein Beitrag erschien zwischen: „Hey, ich hab einen neuen Job“, „Boah, es ist schwierig, Leute nicht befördern zu können“, Aphorismen-Spam und „Leben @ [Firmenname hier einsetzen]“. Anders ausgedrückt: LinkedIn ist mittlerweile das Facebook der Berufstätigen – ein Rentnernetzwerk, das seinen Zenit erreicht hat. Alles dort Gepostete ist belanglos, es ist eine Grau-Mach-Maschinerie: Alles wirkt identisch und im gegenseitigen Versuch, sich zu übertrumpfen, ist man doch gleich und fast matschig.
Ich bin anders. Ich schreibe anders. Ich habe keine Uniform, ich bin ich. Ich bin, sagen wir mal, informell, schräg, merkwürdig. Meine Art, Texte zu verfassen, ist nicht ständig identisch, nicht auf den Verkauf aus, ich will mir Dinge von der Seele schreiben. LinkedIn hat seine eigene Zielgruppe: Es ist, als ob man als DJ die neuesten Hits auf einer Ü30-Party auflegt.
Ein eigener Blog ist wie ein eigenes Zuhause: Was dort steht, gehört einem und die Motivation, etwas zu verfassen, ist dort höher. Das stellte ich fest und vermisste meinen Blog. Aber neu anzufangen: wozu? Wie fängt man überhaupt neu an?
Indem man es einfach macht und deswegen bin ich nun hier, schreibe diesen Text und fange eine neue Reise an.
Natürlich werde ich hin und wieder auf LinkedIn Beiträge veröffentlichen, aber die erscheinen hier auch. Umgekehrt werde ich Beiträge hier direkt auf LinkedIn eben: verlinken. Und dann werden wir gemeinsam schauen, wohin es uns auf dieser Reise verschlägt. Jedenfalls freue ich mich auf eine schöne gemeinsame Zeit im neuen alten Zuhause.